Die Kunst der Prognose
Wenn Ehegatten sich scheiden lassen, besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Unterhaltsanspruch des einen gegen den anderen Ehegatten auch für die Zeit nach Scheidung.
Seit der Unterhaltsrechtsreform sind jedoch die Fragen in welcher Höhe und für wie lange der Unterhalt zu gewähren ist, auch für Juristen nur schwer zu beantworten. Denn gemäß § 1578 b BGB ist der Unterhalt sowohl zeitlich als auch der Höhe nach zu begrenzen, wenn die unbegrenzte Unterhaltsgewährung unbillig ist. Um dies zu entscheiden ist eine Gesamtabwägung aller Umstände vorzunehmen, wobei insbesondere zu fragen ist, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte sog. ehebedingte Nachteile erlitten hat.
Um den ehebedingten Nachteil bemessen zu können, muss der Richter feststellen, was der Unterhaltsberechtigte hätte verdienen können, wenn er sich nicht auf Grund der Ehe beruflich eingeschränkt hätte. Die Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Einkommen und dem möglichen Einkommen ergibt sodann den ehebedingten Nachteil, der vom anderen Ehegatten auszugleichen ist (BGH 20.10.10, XII ZR 53/09).
Es ist also eine Prognose zu treffen, wobei vom Gericht auch geschätzt werden darf, wenn feststeht, dass es zu ehebedingten Nachteilen gekommen ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Frau auf Grund der Kindererziehung ihre Berufstätigkeit aufgegeben hat, nach der Scheidung keine Anstellung mehr in ihrem eigentlichen Beruf findet und einen schlechter bezahlten Job annehmen muss.
Es besteht also viel Raum für Wertungen. Umso mehr sind Mandant und Rechtsanwalt gefragt, im Unterhaltsverfahren sorgsam und ausführlich zu den ehebedingten Nachteilen vorzutragen.
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