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Medizinrecht: |
Hypothetische Einwilligung |
von Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier  |
Beweislast für diese hypothetische Einwilligung
Grundsätzlich muss der Arzt den Patienten über die Behandlung, die er
zu Linderung oder Heilung der Beschwerden einleiten will vorher
aufklären.
Die Aufklärung betrifft sowohl den Lauf der Therapie, als auch
mögliche Risiken und Erfolgsaussichten. Hat der Arzt seinen Patienten
nicht hinreichend über die Behandlung aufgeklärt und dieser nur deshalb
in die Therapie eingewilligt, weil er keine Kenntnis hatte, so muss in
einem möglichen Prozess, in dem es um die Arzthaftung geht, das Gericht
überprüfen, ob der Patient in die Behandlung eingewilligt hätte, wenn er
zutreffend aufgeklärt worden wäre.
Wendet der Arzt ein, der Patient hätte sich einem Eingriff auch bei
zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, trifft ihn
insoweit die Beweislast für diese hypothetische Einwilligung.
Die Beweislast für seine Behauptung, dass der Patient bei
ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte, trifft
ihn aber nur, wenn der Patient zur Überzeugung des Tatrichters plausibel
macht, dass er, wären ihm rechtzeitig die Risiken der Behandlung
verdeutlicht worden, vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden
hätte. Für die Beurteilung darüber, wie sich ein Patient bei
ausreichender Aufklärung entschieden hätte, und ob er in einen
Entscheidungskonflikt geraten wäre, muss das Gericht in einem
Arzthaftungsprozess den Patienten persönlich anhören.
Entscheidungskonflikt
Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn schon die unstreitigen äußeren
Umstände eine sichere Beurteilung der hypothetischen
Entscheidungssituation erlauben. Die persönliche Anhörung soll es dem
Gericht ermöglichen, den anwaltlich vorgetragenen Gründen für und gegen
einen Entscheidungskonflikt durch konkrete Nachfragen nachzugehen und
sie auch aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Patienten sachgerecht
beurteilen zu können. Ist eine persönliche Anhörung nicht möglich, muss
das Gericht an Hand der objektiven Umstände entscheiden, ob ein
Entscheidungskonflikt vorgelegen hat.
Sofern aufgrund der objektiven Umstände ein echter
Entscheidungskonflikt eher fern liegt, dagegen aber vermutet werden
kann, das der Patient allein aus dem Umstand der nicht ausreichenden
Aufklärung ein Nutzen ziehen will, ist es nicht zu beanstanden, wenn das
Gericht eine hypothetische Einwilligung bejaht, obwohl der Patient dazu
nicht persönlich angehört werden konnte. Folge hiervon ist, dass ein
Fall der Arzthaftung trotz mangelnder Aufklärung nicht vorläge. Ist
jedoch nicht auszuschließen, dass sich der Patient unter
Berücksichtigung des zu behandelnden Leidens und der Risiken, über die
aufzuklären war, aus vielleicht nicht gerade vernünftigen, aber
nachvollziehbaren Gründen für eine Ablehnung der Behandlung entschieden
haben könnte , kommt ein echter Entscheidungskonflikt in Betracht.
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Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier |
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Kanzlei Stieglmeier |
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Telefon: (030) 3000 760-0 |
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Fax-Nr.: +49 30 3000 760-33 |
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Tätigkeitsschwerpunkte: Arbeitsrecht, Arzthaftungsrecht, Mietrecht |
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<b>Interessenschwerpunkte:</b> Kassenarztrecht, Werkvertragsrecht, Medizinrecht |
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Beitrag erstellt am Mittwoch, 24. August 2016
Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 24. August 2016
Verantwortlich für den Inhalt dieses Beitrags: Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier
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