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Medizinrecht: |
Rechtsprechung Zahnarzthaftung |
von Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier  |
1. Zahnersatz
Die Eingliederung von Zahnersatz mit offenstehenden und überstehenden
Kronenrand ist als Behandlungsfehler anzusehen.Grundsätzlich sollte ein
Kronenrand seine Präparationsgrenze erreichen. Ist der Kronenrand zu
kurz, wird diePräparationsgrenze nicht erreicht und anpräparierte
Zahnhartsubstanze liegen frei. Der Zustand des nicht fachgerechten
Kronenrandabschlusses besteht bereits zum Eingliederungszeitraum der
Krone; der Zustand eines zu kurzen Kronenrandes ändert sich nach dem
zementieren nicht mehr. Es ist ausgeschlossen ,dass sich durch falsches
Putzverhalten der Kronenrandabschluss während der Gebrauchsperiode
ändert. Folge der Eingliederung von Zahnersatz mit nicht regelrechtem
Kronenrandabschluss kann der Verlust der Vergütungsansprüche des
Zahnarztes sein. Ferner besteht ggf. eine Verpflichtung zur Zahlung von
Schmerzensgeld (AG Wedding, 2002). Dokumentationsmängel können zu einer
Umkehr der Beweislast führen. Dies kann der Fall sein, wenn der Zahnarzt
notwendige Kontrollbefunde entgegen medizinischer Notwendigkeit und
Üblichkeit nicht erhebt. Treten nach einer Implantation in diesem
Bereich Entzündungen auf und müssen die Implantate entfernt werden,
kommt es zu einer Beweislastumkehr, wenn der Gutachter auf Grund
fehlender Röntgenaufnahmen nach Einbringen der Implantate nicht
beurteilen kann, ob die Entzündungen durch fehlerhafte Insertion oder
davon unabhängige Umstände aufgetreten sind (OLG Köln 1994, MDR 94, 994;
OLG Saarland 1997, MDR 98, 469 f). Eine zahnprothetische Maßnahme darf
erst erfolgen, wenn zuvor der an Paradontitis erkrankte Patient
entsprechend behandelt worden ist. Erst dann darf die Eingliederung des
Zahnersatzes erfolgen (OLG Köln 1991, VersR 361 f; OLG Oldenburg 1993,
AHRS 2695/105; OLG Düsseldorf 1996, AHRS 2695/131) Anderes kann gelten,
wenn der Patient sich nachhaltig weigert die erforderliche Behandlung
der Zahnbetterkrankung durchführen zu lassen (LG Aachen 1999, VersR 2000
1374). Die Verblockung von Kronen und Brücken im Front-und
Seitenzahnbereich erschwert die Mundhygiene. Von einem Behandlungsfehler
ist auszugehen, wenn diese Gestaltung nicht erforderlich war. Eine
erschwerte Mundhygiene ist von dem Patienten nicht hinzunehmen. Es sei
nicht einzusehen, warum ein Patient eine paradontalhyhygienisch
besonders ungünstige Gestaltung der Aproxiomalräume als mangelfrei
hinnehmen soll, wenn eine günstigere Gestaltung möglich gewesen wäre
(OLG Köln 1992, VersR 93, 1400).
2. Zahnextraktionen
Die Extraktion eines Zahnes ist erst dann indiziert, wenn
Erhaltungsmaßnahmen nicht mehr in Betracht kommen (OLG Hamm 1981; OLG
Düsseldorf 1988). Zu den Erhaltungsmaßnahmen zählt auch die Unterweisung
des Patienten in das richtige Putzverhalten. Bei einem 16 –jährigen
Patienten kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass sich
die Mundhygiene nicht mehr ändert und deshalb die Extraktion insgesamt
erhaltungswürdiger Zähne indiziert sei (OLG Hamm, 2001; MDR 01, 871 f.).
Gleiches gilt für eine Reihen- oder Totalextraktion ohne vorheriger
Erhaltungsdiagnostik und Erhaltungstherapieversuchen mit entsprechender
Aufklärung. Zu der Erhaltungsdiagnostik sind u.a. zu zählen
Vitalitätsproben, Einzelzahnfilme, Taschentiefenmessung, Feststellung
des Grades der Zahnlockerung und der Ausdehnung von kariösen
Läsionen (OLG Oldenburg 1999, MDR 99, 676 f). Vor der Extraktion eines
Weisheitszahnes ist über die Risiken und mögliche Alternativen
aufzuklären. Das Selbstbestimmungsrecht eines Patienten verlangt, dass
dieser selbst bestimmen müssen kann, ob er den Eingriff vornehmen lassen
will oder nicht. Dies gilt auch, wenn eine Ablehnung medizinisch
unvernünftig ist (BGH 1993, MDR 94, 1089).
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Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier |
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Kanzlei Stieglmeier |
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Tätigkeitsschwerpunkte: Arbeitsrecht, Arzthaftungsrecht, Mietrecht |
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<b>Interessenschwerpunkte:</b> Kassenarztrecht, Werkvertragsrecht, Medizinrecht |
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Beitrag erstellt am Mittwoch, 24. August 2016
Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 24. August 2016
Verantwortlich für den Inhalt dieses Beitrags: Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier
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